Durchschnittlicher Stromverbrauch von Privathaushalten in Deutschland
Wichtige Größen für den Stromverbrauch sind die durchschnittliche Verbrauchsmenge, die damit verbundenen Kosten und die Charakteristik des Verbrauchs. Bei der Frage nach den Kosten sind insbesondere die Erneuerbaren Energien und die EEG-Umlage in die Kritik geraten. Die genauere Betrachtung zeigt, dass 4 Novellierungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur „Deformation“des Gesetzes geführt haben und zur Quersubventionierung der Industrie durch die Privathaushalte. Auf der anderen Seite stellen die hohen Strompreise einen Anreiz zur Senkung des Stromverbrauchs dar und bei vorhandenen Möglichkeiten auch zur Stromeigenerzeugung.
Durchschnittliche Strompreise und -verbrauch
Im Jahr 2006 erhielt eine 4-köpfige Familie eine jährliche Stromrechnung von ca. € 840,- bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 4480 kWh/a (siehe Diagramme 1 und 2). Anfang des Jahres 2015 beläuft sich der Erwartungswert für die Jahresrechnung auf € 1310,-. Das bedeutet eine Steigerung von 56%. Was sind die Gründe für diesen deutlichen Anstieg?
Diagramm 4: Zusammensetzung des Strompreises
Die interessanten Kostenanteile sind dabei:
- die Beschaffungskosten (Börsenpreise),
- die viel diskutierten Umlagesätze, allen voran die EEG-Umlage (separates Kapitel weiter unten),
- die weniger diskutierten Vetriebskosten beziehungsweise der Gewinn der Grundversorger.
Erzeugung, Beschaffung: Börsenpreis
In Diagramm 2 (Gegenüberstellung Endkunden- und Börsenpreis) zeigt sich, dass der Preis an der Strombörse (EEX) in Leipzig sowohl im Termingeschäft als auch auf dem Spotmarkt nicht die Ursache für die gestiegenen Endkundenpreise sein kann. Festzustellen sind in der Tendenz sinkende durchschnittliche Strompreise. Jedoch hat der Börsenpreis Einfluss über die Differenzkosten auf die Höhe der EEG-Umlage (siehe Abschnitt EEG-Umlage) und er könnte an die Verbraucher weitergegeben werden.
Große Unternehmen können ihren Strombedarf selbst an der Börse decken und profitieren von fallenden Preisen. Zudem sind die meisten (energieintensiven) Unternehmen nach dem Mechanismus der „Besonderen Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen“ (§§ 63 ff. EEG 2014) vom Goßteil der EEG-Umlage befreit. Durch die derzeitigen Regularien rund um das EEG entsteht hier eine doppelte Entlastung oder anders ausgedrückt eine Quersubventionierung der Abnehmer mit hohem durchschnittlichen Stromverbrauch durch Privathaushalte. Das spiegelt sich auch in Diagramm 3 wider, wobei die Umlagebefreiung noch nicht abgebildet wird.
Vertrieb / Gewinn der Grundversorger
Vergleicht man die Diagramme 3 und 6, den Zeitraum von etwa 2000-2009, wird deutlich, dass der Strompreisanstieg nicht durch die EEG-Umlage in dieser Zeit getrieben war. Der durchschnittliche Strompreis steigt um etwa 8 ct/kWh, die Umlage um gut 1 ct/kh.
Für den darauffolgenden Zeitraum hat eine Studie des „Energy Brainpool“, in Auftrag gegeben von der Agora-Energiewende Initiative, für die Jahre 2009 bis 2013 die Stromkostenbestandteile des Stromverbrauchs für Endverbraucher analysiert und kommt zu dem Schluss, dass die Vertriebskosten bzw. der Gewinn der Grundversorger anteilig pro Haushalt von 47€ auf 83€ gesteigert wurden, eine Zunahme von 75% gegenüber einer Inflationsrate von 5,3%.
Quellen / Links:
EEG-Umlage und Erneuerbare Energien
Derzeit beträgt der Anteil an regenerativ erzeugtem Strom in Deutschland ca. 26%, das sind 160 Mrd. kWh oder 160 PWh (Petawattstunden) bei einem deutschlandweiten Stromverbrauch im Jahr von etwa 610 Mrd. kWh. Dazu steuert beispielsweise die Windkraft einen Anteil von 77 Mrd. kWh bei und die Photovoltaik von immerhin 34 Mrd. kWh, was einem Anteil von 5,6% entspricht und noch vor 15 Jahren für unmöglich gehalten wurde (Diagramm 5). In Bayern jedoch werden inzwischen 11,5% des Stromverbrauchs photovoltaisch abgedeckt.
Durchschnittliche Kosten des regenerativ erzeugten Stromes
Das EEG (Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien) ist aus dem Stromeinspeisegesetz von 1990 hervorgegangen als lernendes Gesetz. Aufgelegt wurde das EEG im Jahre 2000 mit 12 Paragraphen und einer Einspeisevergütung für beispielsweise Photovoltaikstrom von 50,62 ct/kWh. Heute sind wir einerseits bei nur noch 12,3 ct/kWh, aber auch bei über 100 Paragraphen. Daraus läßt sich bereits ableiten: Die Erneuerbaren Energien sind erschwinglich geworden, aber die Komplexität der Gesetzgebung gefährdet inzwischen die ursprünglichen Ziele des Gesetzes: Faire Kostenverteilung, Bürgerbeteiligung und Dezentralisierung der Energieversorgung.
Die Höhe der EEG-Umlage errechnet sich grundsätzlich aus den „Differenzkosten“, das ist die Preisspanne zwischen den Vermarktungserlösen und den Vergütungssätzen des Stroms aus den Erneuerbaren Energien. In Diagramm 6 wird deutlich, dass es in Deutschland zu keinem nennenswerten Anstieg des Gesamtumlagevolumens seit 2012 mehr kommt, der Tatsache geschuldet, dass die Vergütungssätze teilweise drastisch gekürzt wurden. Dennoch steigen die Kosten für den Endverbraucher durch die Umlage auf den Stromverbrauch, die erste Ursache dafür ist die Reform des „Wälzungsmechanismus“ von der physischen Wälzung des EE-Stromes hin zur rein finanziellen Wälzung über den Spotmarkt der EEX (siehe Fraunhofer Studie).
Die erreichten geringen durchschnittlichen Vergütungssätze führen aktuell zu nur noch geringen Erhöhungen des Umlagevolumens. So führt etwa der Zubau von 1GW Photovoltaik durchschnittlich zu 0,4% Erhöhung des Umlagevolumens (Annahme 30% Eigenverbrauch, kleinste Anlagenkategorie). So ist das Umlagevolumen von derzeit etwa 19 Mrd. Euro seit 2012 um nur 1,9% gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die regenerativ erzeugte Strommenge jedoch um ca. 22% gestiegen. Demgegenüber steht aber wiederum eine Zunahme der EEG-Umlage für den Endverbraucher um 72% von 3,59 ct/kWh auf 6,19 kWh (2015).
Eine Ursache für diesen unverhältnismäßigen Anstieg ist im §§63 des EEG, der „besonderen Ausgleichsregelung“ zu finden, die sich an Betriebe mit hohem Stromverbrauch, die sich am internationalen Markt behaupten müssen, richtet. Das bedeutet, dass in 2014 diese Betriebe um einen Betrag von 5.1 Mrd. Euro entlastet wurden, die durch einen Aufschlag von 1.35 ct/kWh auf den nicht privilegierten Verbrauch ausgeglichen wurden. Ohne diese Regelung und EEG-Kontonachholung und -liquiditätsreserven läge die EEG-Umlage für Endverbraucher bei ca. 4.07 ct/kWh (siehe Quelle ISE Fraunhofer).
Links/Quellen:
- energymap.info
- Zusammenhang von Börsen- und Endkundenpreisen (Studie „Energy Brainpool“, März 2013)
- Fraunhofer ISE: Historische Entwicklung der EEG-Umlage
Durchschnittlicher Stromverbrauch: Lastgang
Fluktuation findet auch auf der Nachfrageseite statt. Erneuerbare Energien mit ihrem ebenfalls fluktuierendem Charakter sollen aber insbesondere dezentral in der Netzperipherie eingebunden werden, die kleinste denkbare Netzeinheit ist hier das Einfamilienhaus. In Zukunft und aktuell bereits vielerorts umgesetzt, wird die Herausforderung die Integration vorhandener Erzeugungsanlagen oder Lastanpassung an variable Stromtarife sein. Zu diesem Zweck und auch um das Verbrauchsverhalten zunächst kennenzulernen als Grundlage für mehr Effizienz und Energieeinsparung ist die Ermittlung des Lastganges als Charakteristik des Verbrauchs sinnvoll.
Für Privathaushalte liegen beispielsweise Standardlastgänge vor, die das durchschnittliche Verhalten der Verbraucher abbilden. Der tatsächliche Lastgang hängt natürlich aber von vielen Faktoren ab. In Diagramm 7 sind die Unterschiede verdeutlicht von einer tatsächlichen Zeitreihe (grün, rechte Achse) über den 30-Tage-Durchschnitt desselben Haushalts bis hin zum Standardlastgang der E.ON Thüringen.
Die detaillierte Lastgangmessung offenbart die Charakteristik des privaten Stromverbrauchs.
- die „Grundlast“ findet auf sehr niedrigem Niveau statt, bzw. gibt es auch Phasen ohne Stromabnahme
- charakteristisch und im Gesamtverbrauch wiedererkennbar sind die typischen Haushaltsverbraucher
- einer geringen / fehlenden Grundlast stehen Leistungsspitzen durch z.B. Kaffeemaschine, Waschmaschine etc. gegenüber
Die Kenntnis des konkreten zeitlich aufgelösten Verbrauchs ermöglicht eine Reihe von Maßnahmen mit wirtschaftlichem Nutzen. Der Stromverbrauch kann analysiert werden, der Standby-Verbrauch quantifizert und reduziert werden, der Verbrauch der vorhandenen Geräte kann ermittelt und die Wirtschaftlichkeit von Neuanschaffungen bewertet werden. Interessant ist unverändert die Integration eigener Erzeugungsanlagen, vorrangig Photovoltaikanlagen aber auch Mini- und Mikro-BHKW’s können unter bestimmten Voraussetzungen gut in bestehende Verbrauchseinheiten integriert werden. Um den wirtschaftlichen Nutzen besser abschätzen zu können, ist die Kenntnis der Verbrauchsmenge und – charakteristik notwendig. Die Problematik verdeutlicht Diagramm 8.
Mit zunehmender Verbrauchsmenge, das wird insbesondere dann Gewerbetreibende und KMU’s betreffen, ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten durch Lastmanagement. Hierbei geht es um Spitzenlastvermeidung und Verschiebung von Verbrauchern in Phasen der eigenen Stromerzeugung. Das kann bei Vorhandensein eigener Erzeugungsanlagen bereits im Haushalt sinnvoll sein – automatisiert bei der Steuerung einer Brauchwasserwärmepumpe (Warmwassererzeugung generell) oder beispielsweise einem Wäschetrockner.
Quellen / Links:
- eigene Messungen (Beispiel)
- Brochure Umweltbundesamt: „Energiesparen im Haushalt“
Die Stromlüge
Die große Stromlüge. 11.05.2016 10:45 auf Arte Seit Jahren steigen europaweit die Strompreise mit teilweise drastischen Folgen für die Konsumenten. Als Ursache werden von verschiedenen Standpunkten aus hier die Kosten für die Energiewende und [...]